In
der Münchner Lehrerzeitung erschien ein Interview mit zwei
Schulleiterinnen im Campus Freiham, Frau Wobido von der Grundschule und
Frau Leogrande vom Sonderpädagogischen Förderzentrum. Danke an Herrn
Göb-Fuchsberger für das Recht der Veröffentlichung.
Damit Sie eine Ahnung von den Ausmaßen bekommen, hier zunächst zwei Bilder:
Der gesamte Campus. Am rechten Bildrand die Geothermieanlage.

Hier der Sportcampus von oben.
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Mega-Schulzentrum
im Alltag angekommen
„Bildungscampus
Freiham“: Erste Zwischenbilanz
Blick
aus der Bibliothek auf den Campus mit dem umstrittenen öffentlichen
Park
Im
September 2019
wurde der „Bildungscampus Freiham" (BCF)
in
Betrieb genommen,
das
mit Abstand größte Schulbauprojekt
der
Stadt München. Der 245 Millionen Euro
teure Komplex wird im Vollausbau über 3000 Schülerinnen und Schüler
in einer Grundschule, einem Sonderpädagogischen Förderzentrum
(SFZ), einer Realschule und einem Gymnasium beherbergen.
Der
MLLV hat die Planungen zusammen mit Partnern wie REGSAM über viele
Jahre hinweg intensiv mit konstruktiver Kritik begleitet und auf
einer Beteiligung der künftigen Nutzer bestanden. Nachdem
wesentliche Entscheidungen bereits gefallen waren, führte das
Referat für Bildung und Sport eine „Zukunftskonferenz" durch.
Der
Schulkomplex weist zahlreiche innovative Ansätze auf: So wurde das
„Münchner Lernhauskonzept“ auf Drängen des MLLV hier erstmals
um zusätzliche Räume zur Inklusion erweitert. Hervorzuheben sind
auch die schulübergreifende „gemeinsame
Mitte“
mit Mensa, Versammlungshalle und Schulbibliothek sowie ein öffentlich
zugänglicher Park im Zentrum.
Der
Münchner Lehrertag 2022 bot MLLV-Abteilungsleiter Martin
Göb-Fuchsberger einen idealen Anlass für eine erste Zwischenbilanz
mit den beiden Rektorinnen Eva Wobido (GS) und Susanne Leogrande
(SFZ).
Interview
WANN
bekommt
FREIHAM
endlich
ein
CAMPUSMANAGEMENT?
Göb-Fuchsberger:
Im Vorfeld gab es erhebliche Bedenken, ob ein so großes Schulzentrum
überhaupt „funktionieren“ kann. Der namhafte Architekt· Peter
Hübner warnte öffentlich vor einem anonymen Komplex. Welche
Erfahrungen machen Sie?
Leogrande:
Die Clusterstruktur der
Lernhäuser und das Farbkonzept ermöglichen trotz der beachtlichen
Dimension des BCF ein individuelles Gefühl der Beheimatung für die
Kinder und Jugendlichen. Es bedarf umfassender und kontinuierlicher
Vernetzungsarbeit aller Protagonisten vor Ort, um der Anonymität
entgegenzuwirken. Ein
höheres Maß an Identifikation der Schülerinnen und Schüler des
SFZ hätte durch einen gemeinsamen Raum der Begegnung für alle
Kinder, Jugendlichen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SFZ
realisiert werden können. Die Mensa in der „geminsamen Mitte“
ist der einzige Raum, der eine ganze Schulfamilie beherbergen könnte.
Für die Nutzung als klassenübergreifender Veranstaltungsraum muss
die Mensa aber aufwändig umgebaut werden. Hierfür stehen zu wenig
personelle Ressourcen zur Verfügung, sodass dieser Umbau nur sehr
selten erfolgt.
Göb-Fuchsberger:
Welche Erfahrungen machen Sie mit der „gemeinsamen Mitte"?
Wobido:
Die
„Campusmitte“, anfangs auch „Zentrale Mitte“ bezeichnet,
beherbergt besondere Räumlichkeiten, die von allen Schularten
genutzt werden. Grundsätzlich ist das wunderbar und lässt sich gut
koordinieren. Leider ist die Mensa zugleich die Versammlungsstätte.
Bei großen Veranstaltungen (TUSCH, Fachtage etc.), für die Tische
und Stühle entfernt oder umgestellt werden müssen, gibt es dann
entweder
kein Mittagessen für die größeren Schülerinnen und Schüler des
Gymnasiums und der Realschule oder man muss auf kleinere
Mehrzweckräume ausweichen bzw. im Notfall die Turnhalle mit großem
Aufwand umfunktionieren. Die
Größe des Schulzentrums ist gar nicht das grundsätzliche Problem.
Die Vielfalt und Andersartigkeit der Schulen im Campus sind sogar
sehr bereichernd. Unglücklich ist lediglich die wenig sorgsame Art
der Nutzung des öffentlichen Bereichs zwischen den Schulen, der
nicht klar erkennbar bzw. vom Schulgelände unterscheidbar ist. Die
Leidtragenden
sind die Schülerinnen und Schüler bzw. die Hausmeister, die schon
frühmorgens den Tag mit dem Säubern der verschmutzten Bereiche
beginnen müssen.

Die
Bibliothek könnte Bücher jeder Altersgruppe beherbergen und war von
Anfang an geplant, von jeder Schulart genutzt zu werden. Bis heute
sind die gemeinsamen Bestellungen nicht umgesetzt worden.
Unterstützung hinsichtlich
einer zusätzlichen Verwaltungskraft oder stundenweiser Einarbeitung
einer Bibliothekarin wären hilfreich. Solche Aufgaben in größerer
Dimension und Verzahnung, als es sich jede Schulleitung vorstellen
kann, lastet als zusätzliches Aufgabenpaket auf uns. Das
größte Problem ist das fehlende Campusmanagement, das von Anfang an
gewünscht war, dessen Stelle aber nicht besetzt wurde und wohl auch
nicht mehr besetzt wird. Unterstützend
bekamen wir einen zusätzlichen Hausmeisterkoordinator, der sich um
viele Belange kümmert. Trotzdem bleiben weit mehr Zuständigkeiten
und Aufgabenbereiche bei uns Schulleitungen, als es in einem in sich
abgeschlossenen Schulgebäude der Fall ist. Die Campusmitte ist ein
Gebäude so groß wie eine komplette Schule, aber ohne zuständigen
„Kopf“, der ganztägig dort ist und
sich hier auch um alles kümmert, was in einem Gebäude dieser Art
anfällt.
Leogrande:
Die
„gemeinsame Mitte" als Begegnungsstätte für schulische und
außerschulische Nutzer bleibt ohne Campuskoordinator in vielen
Bereichen eine Utopie. Vernetzung benötigt personelle Kapazitäten.
Wir
versuchen bestmöglich zu kompensieren, stoßen dabei jedoch an
unsere Grenzen. Die Mensa und der dazugehörige Ausgabebereich
erscheinen für die weiter ansteigende Zahl an Schülern und
Erwachsenen am Campus zu klein konzipiert.
Göb-Fuchsberger:
Die Planer haben gegen massive Bedenken des MLLV offene Schulgelände
und einen öffentlichen Park als gemeinsame Pausen- und Außenfläche
umgesetzt, nicht zuletzt um andere Grünflächen im neuen Quartier
einsparen zu können. Was hat sich seitdem getan?
Wobido:
Aufgrund
der vielfältigen nächtlichen Eskapaden fremder Jugendlicher -
gerade in der Zeit der Corona- Pandemie, wo viele Orte für
Jugendliche geschlossen waren - wurden Bereiche in diesem Gelände zu
Rausch-Party-Arealen umgewidmet. Die alkoholischen Reste,
zerschmetterte Glasflaschen oder ekelige Hinterlassenschaften fanden
wir Schulleitungen, die Hausmeister oder im schlimmsten Fall auch
früh ankommende Schülerinnen und Schüler. Da
regelmäßig Schwärme an Jugendlichen mit Bierkästen auf der S-Bahn
den Weg über das Schulgelände durch den Campus bis zur Unterführung
und überdachte Bereiche der Schulen fanden, wünschten wir uns
zumindest einen weiteren kleinen Zaun um das Areal der Realschule,
Gymnasium und FOS. Das stieß zwar sowohl bei Begehungen und
Besprechungsrunden mit der Stadtspitze auf Verständnis, bis heute
wurde diese Schutzmaßnahme der größeren lernenden und Pause
machenden Schülerinnen und Schüler leider nicht umgesetzt. Wieder
waren wir Schulleitungen gefragt. Durch die Vernetzung im Stadtteil
und unterstützende Gremien (Präventionskette, Freihamer
Bezirksausschuss,
...
)
gelang es uns, externe Spielpartner wie z. B. die Spiellandschaft
Stadt oder Mobil Spiel mit attraktiven Angeboten in das Grünareal zu
lotsen. So nutzen inzwischen vermehrt Freihamer dieses Areal ...
Leogrande:
Wie befürchtet führte die
Kombination aus öffentlichem Bereich
und Schulgelände zu eklatanten Schwierigkeiten. Aus meiner Sicht war
es eine sozialromantische Vision davon auszugehen, dass sich die
kollidierenden Bedürfnisse aus Freizeitnutzung und schulischen
Notwendigkeiten, inklusive Sicherheitskonzept, von allein regulieren
würden. Die notwendigen Nachjustierungen sind bislang noch nicht
umgesetzt worden.
Göb-Fuchsberger:
Inwiefern konnten Sie im Vorfeld der Eröffnung und in der Zeit
danach Ihre Erfahrungen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung und
Ausstattung Ihrer Schulen einbringen?
Wobido:
Die
Stelle der Schulleitung der Grundschule im Bildungscampus wurde sehr
knapp ausgeschrieben, viel zu spät, um noch mit meinen langjährigen
Erfahrungen als frühere Rektorin der GS Winthirplatz mitgestalten zu
können. So kam ich leider auch erst sehr spät in das bereits
zusammengestellte Team der Schulleitungen im Campus. Offiziell
„eröffnet“ wurde der Campus noch gar nicht. Die Eröffnungsfeier
wurde (wie bei einigen anderen Schulen und KiTas in Aubing und
Freiham) wegen Corona verschoben und wird noch nachgeholt. Nach
Inbetriebnahme im September 2019 konnte ich aber noch Wünsche bei
der Ausstattung einbringen und profitierte von meinen früheren
Erfahrungen und Kontakten.
Leogrande:
Erfreulicherweise
gab es einen jahrelangen Partizipationsprozess mit zahlreichen
Veranstaltungen und moderierten Workshops.
Das
Sonderpädagogische Förderzentrum München-West stand seit Beginn
der Planungen als eine der Einrichtungen im BCF fest. Daher durften
wir uns vollumfänglich mit allen Professionen in über vierzig
Veranstaltungen einbringen. Fantastisch war, dass auch die
Schülerinnen und Schüler in den Planungsprozess involviert waren. Ernüchternd
hingegen war es festzustellen, dass die im
Partizipationsprozess
entwickelten Konzepte größtenteils nicht realisiert werden konnten.
Hintergrund
dafür ist die Tatsache, dass der Schulbauplanungsverlauf der LHM
Jahrzehnte Vorlauf benötigt. Auch Jahre vor der Fertigstellung
artikulierte bauliche Wünsche konnten nicht mehr berücksichtigt
werden. Bezüglich der Möblierung konnten wir teilweise Einfluss auf
die Ausstattung nehmen.
Göb-Fuchsberger:
Fühlen sich Ihre Schülerinnen und Schüler - gerade auch im Ganztag
- im Schulgebäude wohl?
Wobido:
Ja
- das in jedem Fall! Wir haben an unserer Grundschule neben dem
gebundenen Ganztag den „Kooperativen Ganztag" mit der sehr
flexiblen Variante des Ganztags bis maximal 18.00
Uhr.
Egal,
in welchem Modell die Schülerinnen und Schüler angemeldet sind: Für
jedes Kind, das auch am Nachmittag betreut werden soll, gibt es einen
Platz. Es gibt so viele unterschiedliche Angebote und
Spielmöglichkeiten, dass es jedem Kind bei uns gut gefällt. Trotz
der Größe der Schule leben und lernen immer max. 100 Kinder in
einem Lernhaus. So bleibt es für jedes Kind überschaubar. Toll ist,
dass nicht jedes Kind zu jeder Zeit im Klassenzimmer bleibt,
sondern
auch die Lernhausmitten, Gruppenräume oder besond_ers eingerichtete
Räume nutzen kann. Diese Räume sind besonders beliebt.

Leogrande:
Das
SFZ München- West schaut auf eine jahrelange hochbelastende
Umzugsvita zurück.
Wir
haben in elf Jahren acht Umzüge stemmen müssen und waren auf bis zu
vier Standorte fragmentiert.
Daher
sind wir extrem dankbar aktuell mit allen Schülerinnen und Schülern
einen hochmodernen Standort genießen zu dürfen. Die Kinder und
Jugendlichen fühlen sich im Ganztag räumlich wunderbar
untergebracht.
Die
Doppelnutzung der Räume als Unterrichts- und
Nachmittagsbetreuungsraum erfordert akribische Absprachen der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In
den Klassen 5 bis 9 haben die Schülerinnen und Schüler
Nachmittagsunterricht. Hier müssen wir kreative Lösungen finden, um
Kollisionen zu vermeiden.
Aus
Schülersicht wären Rückzugsräume wünschenswert, da ein ganzer
Tag unter vielen Menschen eine herausfordernde Reizüberflutung
darstellen kann.
Göb-Fuchsberger:
Die Planer betonten immer die besondere Großzügigkeit der Anlage
und des Raumangebots. Noch sind die Gebäude nicht ganz voll besetzt.
Welche Erfahrungen machen Sie?
Leogrande:
Wir sind in eine bereits zu
kleine Schule eingezogen, auch die langfristig definierten
Schülerzahlprognosen durch den absehbaren Zuzug in den neuen
Stadtteil konnten baulich nicht berücksichtigt werden.
Mit
einem Teil der Schülerschaft werden wir zu unserem großen Bedauern
wieder in einen zweiten Standort ausweichen müssen.
Bis
dieser fertiggestellt ist, sind wir interimsweise mit vier Klassen in
der GS Freiham
verortet. Dafür an dieser Stelle ganz herzlichen Dank an dich, liebe
Eva Wobidu.
Wobido:
Es
entsteht eine neue Schule und man weiß eigentlich schon genau, sie
wird wieder zu klein sein. Durch die Raumproblematik im SFZ mussten
wir als Grundschule ein gesamtes Lernhaus dem SFZ überlassen.
Obwohl
wir im kommenden Schuljahr selbst 16 Klassen beherbergen, durften wir
unsere beiden Partnerklassen der Otto-Steiner-Schule,
mit
denen wir von Anfang an gut kooperierten, nicht weiter bei uns in
unserem Räumen belassen. Nun wird uns der Raum zu klein.
Das
Gymnasium war als fünfzügige Schule geplant. Seit letztem Schuljahr
starten immer neun (!)
fünfte
Klassen, da andere Gymnasien nicht mehr aufnahmefähig sind. Dazu
kommt,
dass das Gymnasium als GB-Schule
geplant war, sich diese Situation aber längst geändert hat.
Göb-Fuchsberger:
„lnklusion“
- haben sich die vom MLLV durchgesetzten „lnklusionsräume“ in
den Lernhäusern bewährt? Sehen Sie weitere Bedarfe für gute
Inklusion?
Wobido:
Die
lnklusionsräume sind wichtig und notwendig.
Es
gibt überall großzügig verglaste Räume, außer den
lnklusionsräumen, in denen bestimmte Kinder mit Bedarf zur Ruhe
kommen können oder nicht von außen abgelenkt werden. Das ist
nur ein Anfang, ein erster Schritt. Gerade
in Kooperation mit der Otto-Steiner-Schule
haben wir gesehen, wie wichtig und notwendig weiteres Personal im
Klassenzimmer ist.
Dabei
meine ich nicht die Schulbegleiter, sondern eine unterstützende
Pflegerin oder Fachkraft.
Da
sich die Schülerschaft in der Grundschule entsprechend den Wünschen
vieler Eltern sehr verändert hat, müssten diese inzwischen
andersartigen Regelklassen der Grundschule auch mit zusätzlichem
Personal ausgestattet werden.
Das
ist schwierig angesichts der ohnehin schon existierenden
Personalknappheit, wäre aber aus meiner Sicht absolut notwendig.
Vergleicht
man die Schülerschaft am SFZ im Campus mit der in der Grundschule,
gibt es wenige Unterschiede, wohl aber unterschiedliche personelle
Möglichkeiten und Klassenstärken.Weitergedacht
könnte man auch ein neues Schulmodell erproben, bei dem mit Verbleib
aller Schülerinnen und Schüler an der Stammschule die Lehrkräfte
mit sonderpädagogischer Ausbildung zusätzlich an Grundschulen
eingesetzt werden, also eine viel engere Verzahnung bzw. Vermischung
der Grundschulen und Förderzentren. Das fachliche Knowhow der
Sonderpädagogen wäre so wichtig in allen Grundschulklassen, um auch
hier den Bedarfen aller Kinder gerecht zu werden. Das entspräche
mehr meinem Bild von „Inklusion“.
Leogrande:
Auch
wir empfinden die lnklusionsräume als großen Segen. Neben
Schülerinnen und Schüler aus den Förderschwerpunkten Lernen,
Sprache und emotional-soziale Entwicklung sind auch Kinder und
Jugendliche mit weiteren Förderschwerpunkten wie etwa
körperlich-motorische Entwicklung oder Sehen bei uns.
Hier
sehen wir zunehmend Bedarf an spezifischen Fördermaterialien.
Zahlreiche Kinder und Jugendliche benötigen in
den
lnklusionsräumen - .etwa
aufgrund einer Autismus-Spektrum-Störung oder aufgrund einer
ausgeprägten AD(H)S-Thematik individuell eingerichtete Zonen mit
reizreduzierten Arbeitsmöglichkeiten.
Weiteren
Bedarf für gelungene Inklusion sehe ich insbesondere im Kontext
Personal. Im Zuge des aktuellen Lehrermangels könnte die
Implementierung weiterer Berufe im sonderpädagogischen Kontext
gewinnbringend sein.
Göb-Fuchsberger:
Wie beurteilen Sie es, dass der damalige Stadtschulrat Rainer
Schweppe die Lernhäuser Ihrer Schulen gegen den Rat des MLLV mit
großen Glasflächen ausgestattet hat?
Leogrande:
Aus sonderpädagogischer Sicht
stellt diese maximale Ausstattung mit Glasflächen eine belastende
Herausforderung dar. Dies wurde im Partizipationsprozess permanent
artikuliert, konnte aber nicht verhindert werden.
Viele
unserer Schülerinnen und Schüler sind in ihrer
Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt und müssen durch die
Umglasung kontinuierlich gegen zahlreiche Ablenkungsquellen kämpfen.
Außerdem ergibt sich das Problem, dass für Lehrkräfte zu wenige
„echte
Wände"
zum Anbringen z.
B.
von
Schaubildern oder Unterrichtsergebnissen zur Verfügung stehen. Wir
haben uns selbstverständlich kreative Lösungen einfallen lassen,
letztendlich bitten wir jedoch um die Nachjustierung mit partiell
aufgebrachten Milchglasfolien.
Wobido:
Viel
Glas bedeutet zum einen viel Licht, eine helle Umgebung. Bei sehr
starker Sonneneinstrahlung heißt es aber auch, dass Rollos und
Vorhänge genutzt werden müssen, um die Technik einsetzen zu können
und ein zu starkes Aufheizen der Zimmer zu vermeiden. Durch die
Glasflächen lassen sich Kinder im Gruppenraum oder der Lernhausmitte
im Auge behalten, ohne ständig hin- und hergehen zu müssen. Das ist
sehr angenehm. Man weiß auch, wo welches Kind ist usw.
Schwierig
erwiesen sich die Glasflächen beim Durchdenken der
Handlungsmöglichkeiten im Falle eines Amokvorfalls. Dafür gibt es
keine optimalen Lösungen.
Das
betrifft grundsätzlich eher die höheren Schularten - im Campus
hängen aber alle Schularten enger zusammen. Damit betrifft es alle
.Göb-Fuchsberger:
Der Begriff „Bildungscampus" bedeutet eigentlich mehr als ein
Schulzentrum. Internationale Vorbilder integrieren
Bildungseinrichtungen vom vorschulischen Bereich bis zur
Erwachsenenbildung als kulturelles Zentrum für alle Bewohner der
Umgebung. Das setzt ein professionelles Campusmanagement voraus, das
die Stadt leider nicht etabliert hat. Kann der „Bildungscampus
Freiham" dem Anspruch seines Titels dennoch gerecht werden?
Wobido:
Wir
Schulen sind untereinander wie auch zu anderen Bildungseinrichtungen
und Gremien eng vernetzt. Anfangs wurden wir unterstützt durch einen
Mitarbeiter des RBS,
der Belange der Schulen bündelte und weitergab, auf Schwierigkeiten
hinwies und versuchte, ähnlich einem Campusmanager zu agieren. Durch
Einsparmaßnahmen fiel die Stelle weg. Der Leiter der
Präventionskette unterstützt die Bestrebungen von uns
Schulleitungen, ein Campusmanager wurde bis heute nicht eingesetzt.
Leogrande:
Tatsächlich verstehe Ich mich
als Mitglied eines Bildungscampus und erlebe uns als mehr als ein
Schulzentrum. Wir sind bereits Begegnungszentrum, richten Fachtage,
Symposien oder überregionale Fortbildungstage aus, wir bilden
Erwachsene aus (wie etwa Deutschkurse für Geflüchtete), wir bieten
vorschulische Förderprogramme an und haben eine schulvorbereitende
Einrichtung, wir realisieren schulartübergreifende Kulturprojekte,
bayernweite Schulsportturniere u. v. m. Jeder weitere Ausbau im Sinne
eines umfassenden kulturellen Zentrums ist ohne Campuskoordination
vor Ort nicht professionell realisierbar.
Göb-Fuchsberger:
Herzlichen
Dank für Ihre Erfahrungen aus erster Hand! Ich wünsche Ihnen und
Ihren Teams alles Gute.
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Nachgefragt:
Erfahrungen
der Mittelschule Wiesentfelser Straße
Rektorin
Zeitler: „Wir sind eine Institution.“
Die
Mittelschule an der Wiesentfelser Straße hat sich zu Beginn der
Planungen vor etwa 15 Jahren bewusst gegen einen Umzug auf den
„Bildungscampus
Freiham" entschieden. Auf Nachfrage berichtet Rektorin Elsbeth
Zeitler von ihren Erfahrungen:
,,Der
Campus ist natürlich ein beeindruckendes Gebäude, das technisch
super ausgestattet ist. Auch die Absprachen der untergebrachten
Schularten funktioniert gut, das habe ich schon mitbekommen.
Aber
auch ich kann von der Zusammenarbeit profitieren, da von Herrn
Send-Rakelmann regelmäßig Schulleitertreffen für den Münchner
Westen Aubing veranstaltet werden. Dabei werden unter anderem
kulturelle, sportliche Angebote und berufsorientierende Projekte
angeboten.
Mir
war damals schon klar, dass ich mir viele Möglichkeiten beim
Verbleib entgehen lasse. Bewusst haben wir uns damals gegen einen
Umzug entschieden.
Unsere
Schüler leben zum
großen
Teil direkt in Neuaubing, vielen fehlt ein festes soziales Umfeld.
Unsere Schüler kommen gern an die Mittelschule Wiesentfelser Straße,
sie fühlen sich da heimisch. Das erzählen sie auch ganz offen. Das
ist immer noch so.
Wir
sind eine Institution.
Leider
werden in der gesamten Umgebung Einkaufszentrum, Banken, Arztpraxen
etc. abgebaut und nach Freiharn verlagert. Die Auswirkungen dieser
Entwicklung sind noch nicht absehbar.
Noch
vor einigen Jahren kannten die Lehrkräfte jeden Schüler, man konnte
Veränderungen im Verhalten, familiären Umfeld und in den Leistungen
schneller beobachten und versuchen aufzufangen.
Vom
Bauboom sind wir natürlich nun trotzdem betroffen, denn die
Mittelschüler kommen
auch
aus Freiham
zu uns. Von ca. 260 Schülern im Jahr 2014 ist die Schülerzahl auf
ca. 360 angestiegen. Ein Ende ist noch nicht absehbar, da eifrig
gebaut wird. Direkt nach dem Auszug der Grundschule waren bald alle
Klassenzimmer wieder belegt.
Wir
sind so etwas wie eine Stadtteilschule.
Man
kennt sich und fasst schnell Vertrauen.
Auch
ehemalige Schüler kommen noch.
öfter
vorbei, sogar mit ihren Kindern um ihnen die ehemalige Wirkungsstätte
zu zeigen“, so Rektorin Elsbeth Zeitler.
Ich
persönlich bin der Mittelschule an der Wiesentfelser Straße seit
Jahren verbunden, überzeugtes Mitglied des Fördervereins und
wünsche der Schulgemeinschaft weiterhin alles Gute.
Martin
Göb-Fuchsberger
Bild
oben: Die Mittelschule an der Wiesentfelser Straße. Aquarell von
Elsbeth Zeitler